sum me up – Literarische Denkfabrik „Politik und Gefühl“ – TAG 1

© Center for Literature – Burg Hülshoff

Im Rahmen der Denkfabrik „Politik und Gefühl“ protokollieren Anahit Bagradjans, Laurine Irmer, Laura Kunz, Maximilian Andratsch und Laurenz Rogi das Programm der jeweiligen Tage, sie schreiben darüber, was wir gehört haben, (über)hören wollten, überschreiben Gesagtes, schreiben es weiter.

Die Autor*innen studieren derzeit am Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien.

 

TAG 1,  23. April 2020  - sum me up

 

Seid ihr alle da? 

Ich bin Ana, aber was bin ich denn? - Ana, du bist eine Ente. 

Ich bin da (Laurine). 

Ich bin Laura (Welches Tier bin ich?) - Schnabeltier.

Und ich haha? - Frettchen. - Waaaaas?!?

Welches Tier bleibt für mich? - Die Spitzmaus Max? - Warum nicht

Ich bin übrigens ein Elefant. Hallo.

 

Wollen wir mal anfangen? 

UND WOMIT??

 

Ein Schreibexperiment, unangenehme Stresssituation.

 

Ich möchte kurz mal sagen, ich bin sehr stolz auf mich. Ich habe zwei Stunden schnell mitgeschrieben, nicht mal die eigenen Gedanken, aber gleichzeitig mitreflektiert - Grande Leistung!

 

Ich bin auch sehr stolz auf dich, und dir unendlich dankbar.

 

Mir geht es gleich, aber morgen schreibe ich vielleicht am Laptop, denn jetzt habe ich acht Seiten Handnotizen.

 

To err on the side of danger is not a responsible option.

 

Ein Schreibexperiment, unangenehme Stresssituation.

 

WIR REDEN JETZT MAL NICHT DARÜBER WAS UNS NICHT PASSTE.

(Weil das war alles gestern und wir sind auch müde.)

 

Wir dachten uns:

“Es fallen Worte wie Dekoratives Leben und Katastrophen und dass alles immer ein Ende hat, und daran, dass uns das einfach ankotzt, dieses Abwichsen auf das Ende, als sei es spannend, dass jetzt wieder was zu Ende ist, dass da kein Anfang ist und damit zu viel Vorhersehbares, und man wisse dann ja schon, was kommt und - BLA BLA BLA. Irgendein Getue und Rausch und exzessive Spannung, Nebel hinterher und alles ist Gefühl, ist Wahrnehmung und nie ist etwas Langeweile. Dabei ist es das, was wichtig ist, diese Langeweile, diese stetige Langeweile, die vielleicht dann doch auch Sehnsucht ist, nach dem Moment danach und vor allem dem immer Anderen. Aber es wird so ästhetisiert alles, sobald man vom Ende spricht. Dann noch nackte Körper daneben, Ismen darauf, und schon kann man behaupten, dass eh alles schon, immer schon, passiert ist. Und dann halt auch, im Endeffekt: Was soll’s, ey! Haare wachsen allen ausm Arsch.”

 

WIR REDEN JETZT MAL NICHT DARÜBER WAS UNS NICHT PASSTE. 

(Weil das war alles gestern und auch wir sind müde.)

 

Wir dachten uns: 

“Wie steht es um das Gehör? Um Ohren als den neuen Mund?” Indem ich der Differenz zuhöre, lass ich die Münder sprechen, kreiere ich einen Resonanzraum; zuhören ist die verkümmerte Fähigkeit, die Worte das Geschoss.

Einschub Spitzmaus: Die Einen schaffen die Realitäten, die Anderen studieren diese. Was da mitschwingt ist die Annahme eines quasi exponentiellen Charakters diese Vorgangs. Man kann die Realität nie einholen. Dann fiel der Satz: “Ich bin müde und träge, aber ich darf es nicht sein, sonst löscht es sich. Wie kann ich ausbrechen”, WENN DIE SÄTZE FALLEN. 

 

Hmh. Ich würde mal nicht von einem Berater von Bush auf demokratische Regierungen und wie sie allgemein funktionieren schließen wollen, aber das Bild ist klar. Es beschreibt die Problematik, wenn Integration mit Assimilation verwechselt wird. Wenn das, was gewünscht ist, Integration genannt, aber Assimilation gemeint wird. Das kann man gut aufdröseln und auch als einen solchen, meist unerkannten Rassismus, wie ihn Alice Hasters beschrieben hatte, bezeichnen. Würde ich meinen.

 

Einschub Schnabeltier - Das Bewusstsein für die Beschränktheit der eigenen Perspektive ist der Ausgangspunkt.

 

ABER WOFÜR?

 

Ich würde gern noch schreiben: EIN KREIS IST KEIN VIERECK, DAS GEHT EINFACH NICHT ANDERS. 

 

ABER ES GEHT UM DIE PERSPEKTIVE! MAN!

 

Der Elefant hasst niemanden, der macht sich doch nur Sorgen.

Er sagt, er hat Angst um sein Elfenbein.

Er sagt, die wollen ihm da ran.

 

DAS GEHÖRT HIER NICHT HER. Das kommt erst später.

 

Das Bewusstsein für die Beschränktheit der eigenen Perspektive ist der Ausgangspunkt. Wir brauchen viele Subjektivitäten.

 

Einschub Ente: Ich kannte das nicht, das Museum der Sprache. Ich finde, es ist schwierig genug, anschauliche Bilder zu finden und das ist ein Krasses.

 

Willst du’s nochmal kurz zusammenfassen, bitte? (Sorry, mein Internet!)

 

Wir dachten uns: 

Die Sprache als Museum, muss es heißen. Ein Museum soll die Welt kategorisieren. Darin finden sich doch die ganzen Konzepte, Gerüche, Wörter, Tierarten, Vergangenes etc.! Die Dinge haben Namen oder bekommen welche. Und dann gibt es zwei Gruppen von Menschen in dem Museum. Die erste Gruppe, das sind die unbenannten, kategorisch gesprochen, Individuen. Jene, die für sich selbst stehen. Sie können sich frei und selbstverständlich durch das Museum bewegen, weil das Museum von Menschen kuratiert wurde, die ihnen ähneln. Die zweite Gruppe sind die Benannten, - der Name der Kategorie bestimmt die Weitläufigkeit des Käfigs. 

Sie hat davon gesprochen, dass diese Menschen gegen die Wände laufen würden und hat diese Wände dann zusätzlich zu Glaswänden werden lassen, das Bild also ein wenig verändert. Sie können sich nicht frei im Museum bewegen. In dem Moment, in dem sie an die Wand stoßen und diese durchbrechen wollen, kommt die Inquisition, die Befragung. (Ach Herrje, morgen muss ich am Laptop mitschreiben. Das ging mir dann zu schnell.)

 

Wieder ein Bild. Das ist gut und funktional. Ein Bild für ein bekanntes Schema: Das Problem der binären Opposition. – Bitte lesen Sie darüber mehr!

 

Tiere im Chor: Es geht darum, worauf man festgelegt wird, ODER? Diese Vorstellung von DER Kategorie der Benannten. Da geht es darum, dass Menschen aufgrund von Merkmalen kategorisiert werden. Das ist der reinste Biologismus, der widerlichste Rassismus ist das.

 

KATEGORISCH AUSGESCHLOSSEN.

 

To put them in a nutshell and sail across the sea ODER 

 

Ein Haus ohne Rampen bauen und dann eine Benefizgala für Menschen im Rollstuhl abhalten ODER 

 

Warum darf mein Sohn nichts anfassen, der kleine Midas ODER

 

Das ist ein bisschen zynisch, ODER?

 

Ja, aber nicht zynisch dem gegenüber, dass es gesagt wurde, sondern dem gegenüber, dass es so ist. 

Ich sage: DAS KANN SO DRINBLEIBEN.

 

Ich wäre auch bereit, mich zu entschuldigen.

 

Das steht in Analogie zum ersten Teil. Der Versuch, diese perfide Opfer-Täter-Umkehrung geradezurücken über die Diskursanalyse des WutbürgerInnenbegriffs. Die dominante Gruppe beansprucht das Recht auf Wut. 

Einschub Ente: Und Sorge, für sich.

 

Der Elefant ist inhaltlich zurück: Es wurde so viel über Angst gesprochen. Ich habe das Gefühl, dass das zu weit ging, oder? Also, als ob die Angst ein Grund der Entschuldbarkeit wäre. Man muss auch einfach sagen, es gibt Menschen, die sind rassistisch und es gibt Menschen, die wollen sich abreagieren, oder wie seht ihr das??!!1!1!!?!?

Darum ging es ja! Zu sagen: Es sind keine WutbürgerInnen! Es sind HassbürgerInnen!

In Bezug auf diese Verschränkung von fucking Leitkultur ODER fucking dominanter Gruppe ODER wie man es nennen will, die denkt das Recht auf Wut ODER eben Sorge ODER eben der spießbürgerliche Arschloch-Bruder von Wut für sich zu beanspruchen. Und daneben die marginalisierte Gruppen, die unter Diskriminierung und Rassismus leiden und denen dieses Recht dann dadurch auch noch genommen wird. 

WIR REDEN JETZT MAL NICHT DARÜBER WAS UNS NICHT PASSTE.

(Weil das war alles gestern und wir sind auch müde.)

 

SYSTEM CHANGE, sagt da die Spitzmaus, SAGE ICH EUCH. 

 

Wie die Entschuldigung, die dieser Begriff “WutbürgerIn” ist, damit nicht nur Täter schützt, sondern auch zu Opfern macht. Zu Opfern, die ihrer natürlichen Emotion ausgeliefert sind UND! wie er diese Punkte, an denen sich die Wut entzündet, die ja verdammt nochmal menschlich sind, zu Tätern macht. Wie dieser Begriff einen perfekten Zirkelschluss vollführt und sein eigentlicher, aber viel unsichtbarerer Fehler ein echter Rassismus ist, nämlich Menschen gegen die WutbürgerInnen etwas haben, zu legitimen Auslösern von Wut machen, und das als Kollektiv.

 

An dieser Stelle wurde folgender Satz gesagt: Kollektive Angst und individuelle Wut. SCHLUSS! Und endlich geht es darum, diese Welt zu verbessern. DARÜBER REDEN WIR DOCH DIE GANZE ZEIT.

 

Literarische Denkfabrik „Politik und Gefühl“ als Online-Event

Die literarische Denkfabrik „Politik & Gefühl“ von Burg Hülshoff - Center for Literature (CfL) findet dieses Jahr vom 23. bis 25. April online statt. Gemeinsam mit brut geht das CfL der Frage nach, warum Gefühle die Politik wieder vermehrt zu bestimmen scheinen. Weitere Informationen

 

Das Programm des ersten Tages von "Politik & Gefühle"

 

18.30 Uhr: BEGRÜßUNG – Jörg Albrecht (Künstlerischer Leiter Center for Literature/Geschäftsführer Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung), Kira Kirsch (Künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin brut Wien), Gerhild Steinbuch (Konzeption Denkfabrik für brut Wien, Professorin am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien)

 

18.35 Uhr: ICH MÖCHTE MEINE WUT VERBERGEN – Performance – TanzPoeten

 

18.45 Uhr: ANGST UND ZUKUNFT – NEUE TÜREN FÜR NEUE NORMEN – Key Note Lecture – Kübra Gümüşay

 

19.20 Uhr: WUT UND MACHT. WESSEN »SORGEN UND ÄNGSTE« BESTIMMEN DEN DISKURS?  – Key Note Lecture – Alice Hasters

 

19.55 Uhr: LIVE-DISKUSSION – Jörg Albrecht, Alice Hasters, Kübra Gümüşay

 

20.30 Uhr: YOU ARE – Performance – YOU ARE GROUP

 

Credits:

sum me up: Studierende der Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien – Anahit Bagradjans, Laurine Irmer, Laura Kunz, Maximilian Andratsch, Laurenz Rogi

Politik & Gefühl wird präsentiert von Burg Hülshoff – Center for Literature und brut Wien und gefördert durch den Deutschen Literaturfonds e.V.
In Kooperation mit dem Theater Münster und der Trafostation Münster, mit der Kölner Kunsthochschule für Medien (KHM), der Universität für angewandte Kunst Wien und Literaturhaus Wien.

Konzeption Wien: brut & Gerhild Steinbuch

Konzeption Münster: Burg Hülshoff – Center for Literature

Events

23.04.2020, 18:30

TAG 1 – Literarische Denkfabrik „Politik und Gefühl“ als Online-Event

Konferenz / Performance / Lecture / Talk

24.04.2020, 10:00

Tag 2 – Literarische Denkfabrik „Politik und Gefühl“ als Online-Event

Konferenz / Performance / Lecture / Talk

25.04.2020, 11:00

Tag 3 – Literarische Denkfabrik „Politik und Gefühl“ als Online-Event

Konferenz / Performance / Lecture / Talk

New Art on ... line

es gibt diese namen / es gibt diese wut

Beitrag der Studierenden der Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien –Laura Bärtle, Hannah Bründl, Anouk Doujak, Maë Schwinghammer
New Art on ... line

sum me up – Literarische Denkfabrik „Politik und Gefühl“ – TAG 2

Im Rahmen der Denkfabrik „Politik und Gefühl“ protokollieren Anahit Bagradjans, Laurine Irmer, Laura Kunz, Maximilian Andratsch und Laurenz Rogi das Programm der jeweiligen Tage, sie schreiben darüber, was wir gehört haben, (über)hören wollten, überschreiben Gesagtes, schreiben es weiter. Die Autor*innen studieren derzeit am Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien.
New Art on ... line

sum me up – Literarische Denkfabrik „Politik und Gefühl“ – TAG 3

Im Rahmen der Denkfabrik „Politik und Gefühl“ protokollieren Anahit Bagradjans, Laurine Irmer, Laura Kunz, Maximilian Andratsch und Laurenz Rogi das Programm der jeweiligen Tage, sie schreiben darüber, was wir gehört haben, (über)hören wollten, überschreiben Gesagtes, schreiben es weiter. Die Autor*innen studieren derzeit am Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien.
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JUSTITIA! Data Ghosts
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Debunking the Tech-bro AI Cult
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KI vor Gericht. Was Algorithmen im Sozialstaat machen
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Wer hat uns verraten? Daten, Daten, Daten!
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März 2025
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