Der Daseinsvertrag wurde gebrochen. First Person Plural ist der Versuch, ihn wiederherzustellen – oder komplett auszulöschen. In ihrem „Fünfpersonen-Solo“ sucht die Wissenschaftlerin und Künstlerin Imani Rameses nach ihrem Selbst und zersplittert in viele.
Was geschieht, wenn man sich lange genug im Spiegel betrachtet? Zu dieser Frage an der Schnittstelle von Methoden afrikanischer Wahrsagerei und Psychoanalyse forscht Imani Rameses in First Person Plural. Chaotisch, neugierig, offen und neurotisch: Fünf Performer*innen und ihre Performances sind im selben Körper gefangen und werden durch die sie umgebenden Grenzen verwandelt. Fünf Soli – oder ein einzelnes Solo, das von fünf Tänzer*innen aufgeführt wird – zersplittern und setzen sich im Laufe des Abends neu zusammen. Sie ergründen die schwer zu greifende Natur des Selbst nicht konzeptuell, sondern als verkörperte Praxis: jede*r von ihnen so verschieden, dass einzig ihre Körper zu lebendigen formalen Begrenzungen werden, die das Selbst zum Ausdruck bringen. First Person Plural istdas erste Stück einer Trilogie. Es platziert Imani Rameses’ viele Persönlichkeiten und die live performten Klangwelten aus Cello, elektronischer Musik und Stimme von Marleen Moharitsch in einer gemeinsamen Umgebung. Das Publikum ist eingeladen, ein Teil dieses Versuchs zu werden, die vielen Kontexte auszulöschen, die das Selbst an eine fehlerhafte und aufwühlend repetitive menschliche Realität binden. Wie überlebt das Selbst die Zersplitterung, die durch die Selbstdarstellung entsteht? Vielleicht antwortet Imani Rameses ja, indem sie ganz verschwindet.
Imani Rameses ist Kognitionswissenschaftlerin, Choreografin, Tänzerin, Lehrerin und lebenslang Lernende. Sie beschäftigt sich mit der Phänomenologie der Stille, wie sie an den Schnittstellen von kognitiver (Emotions-)Psychologie, partizipatorischen Performancepraktiken und afrikanischer Alchemie entsteht. Ihre Arbeiten wurden bei ImPulsTanz, im Tanzquartier Wien, bei den Wiener Festwochen, an der Universität für angewandte Kunst Wien, im brut Wien, bei Digital Arts & Science DAS-Zürich und bei der Society for Artistic Research (SAR) gezeigt. Ihre Forschungsarbeiten werden an der Harvard University, der Universität Zürich, dem Center for Phenomenology der Universität Johannesburg und bei internationalen Konferenzen, Festivals und Symposien vorgestellt.
Teresa Awa arbeitet als Lektorin und Übersetzerin beim Wiener Passagen Verlag. Sie studierte Politikwissenschaft und Philosophie in Bremen und Paris. Informiert von dekonstruktivistischer Philosophie und ihrer Praxis als Tänzerin, untersucht sie Fragen situierter Epistemologien aus einer feministischen und dekolonialen Perspektive. Ihre Arbeit teilte sie in Vorträgen und Workshops u. a. an der floating university in Berlin und der Akademie der bildenden Künste Wien.
Cat Jimenez ist Choreografin und Tänzerin. Ihre Arbeit bewegt sich zwischen Theater, Clubkultur und Tanzbattles. Inspiriert von Streetdance-Stilen wie Krump, Waving und House, beschäftigt sie sich mit Themen wie Trauer, Transformation und verkörpertem Gedächtnis. Ihre Performances kreieren eine intime, immersive Atmosphäre, die das Publikum zu einem rohen, physischen Dialog einlädt. Cat Jimenez hat ihre Arbeiten bei Festivals wie Ars Electronica und ImPulsTanz gezeigt und mit verschiedenen Künstler*innen aus Tanz, Musik und bildender Kunst kollaboriert. Ihr Hintergrund in sowohl Freestyle als auch Bühnenperformance formt ihre Praxis eines fortdauernden Austauschs zwischen strukturierter Komposition und der Unvorhersehbarkeit unmittelbarer Bewegung.
Marleen Moharitsch ist eine Künstlerin, die sich vor allem mit Musik und Klang beschäftigt. Sie hat 2016 das Studium Multimediale Kunst in Salzburg abgeschlossen. Seitdem hat sie Projekte als Solokünstlerin in Angriff genommen und sich auf Cello, Loop-Station, Gesang, Synthesizer, Drum-Computer und DAW konzentriert. Im Bereich des zeitgenössischen Zirkus hat Marleen Moharitsch eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Musik und der Klangbegleitung für die Performance Fallhöhe gespielt.
Jared Robinson ist Dichter, Kritiker und Lehrer aus Indianapolis, USA. Seine Dissertation mit dem Titel To Save My Own Life: Antebellum Autobiography and the Figures for Black Ontology schloss er an der University of California, Berkeley, ab. Sein akademischer Forschungsschwerpunkt liegt auf den Schnittstellen von afroamerikanischer Literatur und Kunstpraxis und der Philosophie der westlichen Aufklärung. Seine Untersuchungen des Schwarzen Lebens in der Literatur zeigen sich in einer umfangreichen kreativen Praxis, die Essays, Gedichte und Kurzgeschichten umfasst.
Mariama Sow ist Künstlerin, Forscherin und Kostümbildnerin, deren Arbeit sich auf das politische Potenzial von Kleidung und Performance im Kontext von Empowerment und Repräsentation konzentriert. Sie schloss ihren Bachelor in Modedesign an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin mit einem Schwerpunkt auf der Schwarzen diasporischen Kleidungskultur in Deutschland ab und absolviert derzeit einen Master in Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien. Zudem arbeitet sie in Wien an einem kollektiven Film- und Forschungsprojekt: A Black Fairy Tale, ist Teil des femBlack Performance Collective in Berlin und forscht im Rahmen des Projekts fabricating adjacency zu textilen Verbindungen. Als Kostümbildnerin kooperiert sie mit Schwarzen Choreograf*innen und Regisseur*innen in Deutschland, u.a. im Ballhaus Naunynstraße, am Theater an der Parkaue, am Theater Oberhausen, im Schauspielhaus Graz, am Deutschen Theater Berlin, am Residenztheater München und zuletzt am Wiener Burgtheater.
Abiona Esther Ojo schloss 2020 ihr Studium in Bildhauerei und Raumstrategien an der Akademie der bildenden Künste Wien ab. Während sich ihre Arbeit durch und in verschiedenen Medien wie Fotografie und Textilkunst zeigt, ist ihre Inspiration oft autobiografisch. Indem sie sich mit der eigenen verkörperten Geschichte befasst, verbindet sie ihre persönlichen Erfahrungen mit umfassenderen, gesellschaftlich relevanten Themen. Sie erhielt den Kunsthalle Wien Preis für ihre Diplomarbeit mit dem Titel There is magic in every strand, einer Reihe von Skulpturen, die Menschen dazu einladen, Ideen über Verbundenheit, Intimität und das Individuum neu zu denken.
Sheri Avraham ist Künstlerin, Kuratorin und Theatermacherin. In ihrer Arbeit reflektiert sie die zeitgenössischen Formen der Kunstproduktion und bietet neue Dimensionen der Interaktion innerhalb der künstlerischen, sozialen und politischen Institutionen. Mit ihrer transdisziplinären Praxis zielt sie darauf ab, neue Modelle des Ausdrucks, der Produktion und gemeinsamer Lebensstrukturen zu schaffen. Sie ist Co-Gründerin von D/Arts, Project Office for Diversity and Urban Dialogue, Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft Bildende Künste und arbeitet gemeinsam mit der Tiroler Künstler*innenschaft an der Umsetzung von Fair Pay für Künstler*innen.
Lukas Kötz entwirft und entwickelt ortsspezifische Arbeiten für das Theater und den öffentlichen Raum. Nach dem Bühnenbildstudium an der Akademie der bildenden Künste Wien wuchs sein künstlerisches Interesse über die definierte Bühne hinaus, und er hinterfragte die Beziehung zwischen hinter und auf der Bühne, zwischen Beobachtenden und Beobachteten durch Perspektiv- und Positionswechsel, um einen Raum zu schaffen, der gemeinsam erlebt und verändert werden kann. Seine Arbeiten wurden u.a. im Tanzquartier Wien, an der Volksbühne Berlin, bei ImPulsTanz und beim Stralli-Theaterfestival im Kosovo gezeigt.
Márton Zalka ist ein multidisziplinärer Designer und Visual Researcher aus Budapest. Derzeit lebt er in Wien. Er designte und baute Installationen, Objekte und Möbel für das Ungarische Haus der Fotografie, die Festivals SANTSAT und Kolorádó, Improper Walls, Question Me & Answer (QMA). Inspiriert vom kulturellen Erbe des materiellen Bewusstseins und der Bricolage-Kultur, die sich während der sozialistischen Ära Ungarns entwickelt haben, glaubt er an die Demokratisierung der Technologie und der Fertigungsmittel als Wegbereiter für eine persönliche Zukunft.
Yasemin Duru (they/them) ist ein*e multikulturelle multidisziplinäre Künstler*in mit einem BA in bildender Kunst und visuellem Kommunikationsdesign der Sabanci-Universität Istanbul und studiert derzeit digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Yasemin Duru hat mehrfach als Lichtdesigner*in in Zusammenarbeit mit ImPulsTanz, Transart Festival, brut Wien, Akademie der bildenden Künste, Odeon, Kulturhaus Brotfabrik und anderen lokalen und internationalen Veranstaltungsorten gearbeitet.
Konzept & Choreografie Imani Rameses Assistenz Teresa Awa Co-Movement Research Cat Jimenez Sounddesign Marleen Moharitsch Dramaturgie Jared Robinson Kostümdesign Mariama Sow Textildesign Abiona Esther Ojo Produktion Sheri Avraham Bühnenbild Lukas Kötz & Márton Zalka Lichtdesign Yasemin Duru
Dank an Huggy Bears Mentoring Program, Angewandte Performance Lab und Celestial Space
Eine Koproduktion von Plexus - Kulturverein für Kunst, Bildung und Neurowissenschaften Wien und imagetanz 2025 / brut Wien
Gefördert von der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7)
studio brut
Zieglergasse 25, 1070 Wien
nicht barrierefrei
Im Anschluss an die Vorstellung am Fr., 17. März findet ein Artist Talk statt.
Content Notes
Die Performance verwendet Stroboskoplicht.
barrierefrei
Nordwestbahnstraße 8-10, 1200 Wien
U-Bahn: U1, U2 (Praterstern), U4 (Friedensbrücke), U6 (Dresdnerstraße) Tram: 5 (Nordwestbahnstraße) Bus: 5A (Wasnergasse)
barrierefrei
nicht barrierefrei
Zieglergasse 25, 1070 Wien
U-Bahn: U3 (Zieglergasse), Tram: 49 (Westbahnstraße / Zieglergasse)
nicht barrierefrei
barrierefrei
Währinger Straße 59, 1090 Wien
U-Bahn: U6 (Währinger Straße / Volksoper), Tram: 40, 41, 42 (Währinger Straße / Volksoper), 5, 33 (Spitalgasse), 37, 38, 40, 41, 42 (Spitalgasse / Währinger Straße)
barrierefrei
Praterstern 5, 1020 Wien
U-Bahn: U1, U2 (Praterstern) Tram: O, 5 (Praterstern) Bus: 5B, 80A, 82A (Praterstern) S-Bahn: S2, S3, S4, S7 (Praterstern)
barrierefrei
nicht barrierefrei
Rienösslgasse 12/21, 1040 Wien
Tram: 1, 62, Badner Bahn (Mayerhofgasse)
nicht barrierefrei