Können Institutionen treibende Kräfte des Wandels sein? Oder sind sie dazu verdammt, Bastionen des Status quo zu sein, die bestenfalls zu langsamen Reformen fähig sind? Argumente über Institutionen, deren Einrichtung und Institutionalisierung stehen im Mittelpunkt vieler progressiver Bewegungen. Aber was würde es eigentlich bedeuten, sich Institutionen in einer radikal demokratischen Weise vorzustellen? Wie können wir Museen, Theater, Galerien, Festivals, Biennalen als Versammlungen begreifen - nicht nur symbolisch, sondern durch eine konsequente Neuverhandlung ihrer Organisationsstrukturen? Der Kurator Ahmed Al-Nawas, der sich in seiner Arbeit auf kollaborative, antirassistische und dekolonisierende Praktiken konzentriert, wirft einen genauen Blick auf die Rolle von Autorschaft und Repräsentation in Kollektiven. Nora Sternfeld, Kunstpädagogin und Kuratorin, verhandelt die Möglichkeiten eines radikal-demokratischen Museums und stellt sich eine Zukunft vor, die mehr ist als die bloße Verlängerung der Gegenwart. Und Sarah Waterfeld, Sprecherin des Kollektivs Staub zu Glitzer, das 2017 die Volksbühne in Berlin mit seiner transmedialen Theaterproduktion B6112 besetzte, fordert ein grundlegendes Überdenken der Art und Weise, wie das ikonische "Volkstheater" betrieben wird.
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Ob in Tunis, Kairo, Madrid, Lissabon, in Athen, New York, London oder Istanbul, in Tokio nach Fukushima, inmitten von Niemeyers ikonischer Parlamentsarchitektur in Brasília, unter den Regenschirmen in Hongkong, auf den Straßen von Minneapolis: Die weltweiten sozialen Bewegungen der letzten Jahre waren immer auch geprägt von der Suche nach alternativen Formen des Versammelns, des Argumentierens und des Entscheidens, des Aushandelns von Gemeinschaft und Gesellschaft. Solche Versammlungen wirken nicht nur durch ihre Forderungen. Sie verändern die Realität oft bereits dadurch, dass sie radikalere Modelle von Demokratie praktizieren.
Auch innerhalb der Künste gibt es erneut ein Interesse an Konzepten der Versammlung und am Erzeugen öffentlicher Räume, in denen die Gesellschaft nicht nur gespiegelt, sondern konsequent ausprobiert, aufgeführt, getestet, anders gedacht oder gar neu erfunden wird: Gerichtsverhandlungen über Kunstfreiheit, Religion und Zensur; Tribunale über Ausbeutung und Gewalt; Gipfeltreffen über Klimawandel oder Kulturpolitik; Parlamente, in denen diejenigen sprechen, die sonst zum Schweigen gebracht werden … Insbesondere das Theater ist zu einer Bühne für Versammlungen auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Wirklichkeit geworden, zu einer demokratischen Arena der radikalen Imagination.
Doch welche Zukunft hat die Idee der Versammlung nach Monaten eines Ausnahmezustands, der so ziemlich alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens aus dem Takt gebracht hat? Gesellschaftsspiele: The Art of Assembly bringt seit Herbst 2020 regelmäßig Protagonist*innen aus verschiedenen Bereichen von Kunst, Politik und Theorie zusammen, um über die Zukunft der Versammlung zu spekulieren – in einer Zeit, in der wir gelernt haben, wie flüchtig Gewissheiten sein können, und in der jede Form des physischen Miteinanders prekär geworden ist.
Florian Malzacher ist freier Kurator, Dramaturg und Autor. Von 2012 bis 2017 war er Künstlerischer Leiter des Impulse Theater Festivals (Düsseldorf, Köln und Mülheim/Ruhr), davor sieben Jahre Leitender Dramaturg / Kurator des Festivals steirischer herbst (Graz). Er (co-)kuratierte u. a. die Internationale Sommerakademie (Mousonturm Frankfurt, 2002 und 2004), Dictionary of War (2006/07), Truth is Concrete in Graz (2012), Aneignungen im Ethnologischen Museum Berlin / Humboldt Lab (2015), Artist Organisations International (HAU Berlin, 2015), Vom Möglichkeitssinn zum Jahrestag der Russischen Revolution (St. Petersburg, 2017), Training for the Future (mit Jonas Staal, Ruhrtriennale, 2018/19) und Nach dem Beaufsichtigen der Maschinen (2020). Als Dramaturg arbeitete er u. a. mit Rimini Protokoll, Lola Arias (ARG), Mariano Pensotti (ARG) oder Nature Theater of Oklahoma (USA). Florian Malzacher ist Herausgeber und Autor zahlreicher Essays und Bücher zu Theater und Performance sowie zum Verhältnis von Kunst und Politik. Zuletzt erschien 2020 sein Buch Gesellschaftsspiele. Politisches Theater heute im Alexander Verlag Berlin.
Die Reihe The Art of Assembly basiert auf Florian Malzacher, Gesellschaftsspiele. Politisches Theater heute, Berlin: Alexander Verlag, 2020, www.art-of-assembly.net.
Ausgabe VII: Agonistic Gatherings
mit Didier Eribon, Chantal Mouffe
Ausgabe VI: Assembling More Than Humans
mit (Radha D‘Souza, Sibylle Peters
Ausgabe V: Versammlung der Vielen
mit Eduard Freudmann, Gin Müller, Heidrun Primas, Philine Rinnert
Ausgabe IV: Choirs of Precarity & Power
mit Claudia Bosse, The Church of Stop Shopping, Alia Mossallam
Ausgabe III: Assemblism
mit Jonas Staal, Jodi Dean
Ausgabe II: Assemblies as Backbones of Social Movements
mit Oliver Ressler, Julia Ramírez-Blanco
Ausgabe I: Assembly as Preenactment
mit Oliver Marchart, Dana Yahalomi
Moderation: Florian Malzacher
The Art of Assembly – Gesellschaftsspiele, eine Reihe von Florian Malzacher und brut Wien, in Kooperation mit Münchner Kammerspiele, Wiener Festwochen, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz (Berlin) und BIT Teatergarasjen / METEOR 2021
Online Livestream auf brut-wien.at
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Nordwestbahnstraße 8-10, 1200 Wien
U-Bahn: U1, U2 (Praterstern), U4 (Friedensbrücke), U6 (Dresdnerstraße) Tram: 5 (Nordwestbahnstraße) Bus: 5A (Wasnergasse)
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Zieglergasse 25, 1070 Wien
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