In She does Dough, Dough does Her tanzt Jasmin Hoffer mit Teig in verschiedenen Formen und Dimensionen. Die Künstlerin will die sinnliche Komponente von Teig fassbar machen und gleichzeitig auf dessen Hauptbestandteil verweisen: den Weizen. Über Berührungspunkte und Kontaktflächen erzählt sie eine Geschichte, die von Analogien im Evolutions-, Kultivierungs- und Domestikationsprozess ihres weiblichen Körpers und des Getreides handelt. Macht die Performerin den Teig oder macht der Teig am Ende sie?
Hauchdünn ausgezogen umschließt Teig den Körper der Performerin. Wie eine zweite Haut lässt er skulpturale Bilder entstehen, reißt ein, fliegt durch den Raum, wird zu Kugeln gerollt oder zu einem Zopf geflochten. Was könnte Weizen, dessen Geschichte als wildes Gras begann und der zu einer omnipräsenten Kulturpflanze hochgezüchtet wurde, mit den Rahmenbedingungen unserer menschlichen Reproduktion zu tun haben? In She does Dough, Dough does Her beschreibt Jasmin Hoffer Teig als Brücke von der Gegenwart zurück zur Sesshaftwerdung des Menschen. Sie geht zurück zum Ursprung der Zivilisation, zum Entstehen patriarchaler Strukturen und zu einem Domestikationsprozess, der die Morphologie und das Verhalten von Tieren, Pflanzen und Menschen maßgeblich verändert hat; im Kern immer an einer normierten, gelenkten, beaufsichtigten Reproduktion ansetzend. Inspiriert wurde Hoffer auch durch den von der Pandemie mitausgelösten Backhype, der in den sozialen Medien sehr präsent ist: Backen mit identitätsstiftender Wirkung, Backen als Anachronismus, als „guilty pleasure“, als Gegenpol zur industrialisierten Teigherstellung mittels Enzymen und Konservierungsmitteln. Auswalken aus Nostalgie. Als Möglichkeit, die Welt zu begreifen und zu formen, ein haptisches Erleben jenseits des Digitalen. Weil es sich schön anfühlt und weil es besser schmeckt.
Ursprünglich sollte She does Dough, Dough does Her im Frühjahr 2023 in einer Scheune neben einem Weizenfeld stattfinden. Aufgrund eines Unfalls musste die Performance verschoben werden, der Weizen wurde im Sommer geerntet. Davon wird eine Videoarbeit im Foyer des studio brut erzählen, und auch ein paar Ähren werden vor Ort sein.
Jasmin Hoffer ist Tänzerin, Choreografin und Performancekünstlerin. Sie lebt und arbeitet in Wien. 2014 machte sie ihren Master für Tanzvermittlung im zeitgenössischen Kontext an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Davor studierte sie Tanz an der Scottish School of Contemporary Dance in Dundee und Malerei in der Meisterklasse für Malerei an der Ortweinschule in Graz. 2018 erhielt sie das START-Stipendium des BKA. Ihre Performance- und Unterrichtstätigkeit führte sie nach Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Italien, Palästina und in die USA. Sie arbeitet in wechselnden Konstellationen und verschiedenen Formaten mit Künstler*innen wie Liv Schellander, Sara Lanner, Elena Kristofor, Oleg Soulimenko und Alfredo Barsuglia. Ihre Arbeiten werden im Tanzquartier, im brut Wien und bei WUK performing arts präsentiert.
Performance, Tanz, Konzept Jasmin Hoffer Teig, Set Nicola Schößler, Stefanie Sommer Video und Installation Johannes Wiener und Carolina Páez Dramaturgische Beratung Elizabeth Ward, Laia Fabre Recherche Samuel Feldhandler, Dorothea Trappel Textsupport Rosemarie Poiarkov Sound Jakob Rüdisser Kostüm Caroline Haberl Lichtdesign Benjamin Maier Produktionsassistenz Liv Schellander Layout booklet Karine Blanche
Dank an Deborah Hazler, Nanina Kotlowski, Oleg Soulimenko, Charlotta Ruth.
Mit freundlicher Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien und dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, agri_culture, Bears in the Park und Studio Matsune.
Am Mo., 15. Jänner findet im Anschluss an die Performance ein Artist Talk statt.
studio brut
Zieglergasse 25, 1070 Wien