Im Herbst 2017 wählt Österreich – und wählt rechts: Neben einer sich der Rhetorik der Ausgrenzung bedienenden ehemaligen Partei der Mitte finden sich mit der FPÖ auch Politiker*innen in der neuen Regierung, die ihre Nähe zum Rechtsextremismus kaum verhehlen: Von Wehrsportübungen bis zur Leugnung des Holocausts, von einer Politik der Ausgrenzung zur Selbstinszenierung als „die neuen Juden“: Die Rechte weiß, wie man Täter zu Opfern macht. Und erhält mit ihrer Welt- und Selbstdarstellung wachsenden Zuspruch. Nicht zuletzt von jungen Menschen: Mit der Kampfansage „Defend Europe!“ tritt die identitäre Bewegung ein gegen Multikulti und für den echten Österreicher. Aber wer ist der sogenannte echte Österreicher, was ist mit den Österreicherinnen, den Österreicher*innen? Wo verläuft eigentlich die Grenze der Gemeinschaft und wer bestimmt, wer daran teilnehmen darf?
Freundliche Mitte setzen an diesem Punkt an und beschäftigen sich in ihrem neuen Projekt in verschiedenen Schritten mit dem brisanten Thema Zusammenleben – und der Frage danach, wie sich gemeinsam handeln lässt. Die Arbeit mit verschiedenen Wiener Vereinen, von Tischler*innen bis zur Pfadfindergruppe, sowie Interviews mit den Beteiligten zur Zusammenleben und der aktuellen politischen Situation in Österreich bilden die Grundlage für die begehbare Installation. Das Innere von BERGEINS lässt die Grenzen zwischen Fiktion und österreichischer Realität verschwimmen: Ist der Berg Utopie oder Dystopie? Dient er als Schutzraum oder ist der Schutz Selbstzweck geworden? Und gibt es das noch, das sogenannte Draußen?
Das Performancekollektiv Freundliche Mitte – 2011 von der Autorin Gerhild Steinbuch, der Bühnenbildnerin Philine Rinnert und dem Schauspieler Sebastian Straub gegründet – arbeitet bewusst ohne die Instanz Regie. Im brut war zuletzt im Winter 2016 das Kolonialismusprojekt Finsternis zu sehen. Weitere gemeinsame Arbeiten entstanden u. a. beim steirischen herbst Graz (Am Schönsten ist das was bereits verschwunden ist) und in der Garage X Wien (Previously On).
Die Aufführung dauert ca. 60 Minuten.
Der extremen Rechten ist es seit Beginn des Jahrtausends gelungen den öffentlichen Raum in Europa zu erobern, in Parlamente einzuziehen und sich als Demokraten zu inszenieren. Wie ist es möglich, dass xenophobe Gruppen in europäischen Staaten regieren? Was hat sich in der Öffentlichkeit seit 2000 geändert? Während die Grenzen global enger gezogen wurden, hat sich die “Neue” Rechte in ganz Europa vernetzt. Welchen Strategien der Grenzverschiebung bedient sie sich dabei?
Anlässlich der Premiere des Stücks BERGEINS, das sich mit der Möglichkeit von Gemeinschaft und gesellschaftlichen Utopien in Zeiten von Abschottung und Ausgrenzung beschäftigt, lädt das Kollektiv Freundliche Mitte zum Gespräch: Es diskutieren Vertreter*innen aus den Bereichen Architektur, Politik und Literatur über gemeinsame Artikulationsformen, die sich dem Versuch der Rechten, sich als demokratische Normalität zu etablieren, entgegensetzen. Im Mittelpunkt steht dabei der Raum als politisches Verhandlungsfeld. Welche Räume ermöglichen welche Form von Gemeinschaft oder verhindern sie? Wie können Künstler*innen der Aneignung situationistischer Praktiken zur Besetzung des öffentlichen Raumes und der Vereinnahmung von Sprache begegnen? Ein Aufruf zur Bandenbildung!
Redner*innen: Gabu Heindl (Architektin, Wien), Nina Horaczek (Journalistin und Publizistin, Der Falter, Wien), Max Pichl (Politikwissenschaftler, Frankfurt)
Moderation: Judith Schwentner
Von Johannes Bellermann, Bernhard Fleischmann, Pia Derler, Simon Dietersdorfer, Lucas Gruber, Philine Rinnert, Dario Stefanek, Gerhild Steinbuch, Sebastian Straub und Mechthild Weber
Mit Cleidy Acevedo, Rupert Angermeier, Vitus Angermeier, Katharina Bach, Michael Bednar, Max Bohm, Manuel Bumba, Elias Calinescu, Andrea Dobersberger, Marco Ebli, Antonia Fätkenheuer, Michael Floigl, Daniel Fröhlich, Imola Galvácsy, Eva Geißler, Marlies Gruber, Ernestine Gstöttner, Hamid Haiharoev, Matthias Hofer, Sophie Humer, Cheyenne Jehsenku, Reinhard Klauser, David Knauer, Silvester Kößler, Larissa Kopp, Bartek Kubiak, Dora Kuthy, Bettina Laimer, Stephan Langer, Claudia Lomoschitz, Hannah Mayr, Theresa Maehr, Carsten Missmahl, Andreas Müller, Aleksandar Murkovic, Laura Negele, Mirjam Papouschek, Henriette Pascher, Christina Plank, Elias Polterauer, Christina Raab, Simona Reisch, Martina Rösler, Lea Salvasohn, Tobias Sailge, Gabriel Schmidt, Alina Sklenicka, Margarethe Staudner, Sophie Steinbeck, Marlies Surtmann, Valerie Tillinger, Sandy Tomsits, Bünjamin Titiz, Ilse Urbanek, Simon Usaty, Isis Várkonyi, Teresa Walentich, Stephanie Wörter, Eva Wolfesberger, Helga Wolfgruber, András Zeöld, Zbynek Zigo, Pfadfindergruppe 6&7 „PAXTU“
Eine Koproduktion von Freundliche Mitte mit brut Wien und DRAMA FORUM uniT Graz. Mit freundlicher Unterstützung der Kulturabteilungen der Stadt Wien, der Stadt Graz und des Landes Steiermark.
brut im WERK X-Eldorado
Petersplatz 1, 1010 Wien